Frank und Milena

FranzK
S. Fischer Verlag

Ob Kafka von einer der Frauen, mit denen er befreundet war, je mit Kosenamen angesprochen wurde, wissen wir nicht. Überliefert ist jedoch, dass Milena Jesenská sich mit Kafkas Namen einen besonderen Spaß erlaubte. Nachdem er mehrere seiner frühen Briefe an sie mit »FranzK.« unterzeichnet hatte, was man auf den ersten Blick – siehe die Abbildung – leicht als »Frank« lesen konnte, nannte sie ihn fortan konsequent Frank, mündlich wie schriftlich. Wie ihre Briefe an Max Brod belegen, blieb sie bei dieser Gewohnheit sogar gegenüber Dritten.

Kafka scheint den neuen Namen wie einen Ehrentitel getragen zu haben: »Franz« repräsentierte die Vergangenheit, »Frank« die neuen Lebenschancen, die sich durch die Beziehung zu Milena entwickelten. Als sie in ihrer Übersetzung von Das Unglück des Junggesellen den Protagonisten etwas zu vital zeichnete, kommentierte Kafka: »Mit Deiner Übersetzung bin ich natürlich ganz einverstanden. Nur verhält sie sich eben zum Text wie Frank zu Franz …«

Bemerkenswert ist, dass Jesenská nach Kafkas Tod sofort zu dessen wirklichem Vornamen zurückkehrte. Mitte Juli 1924 schrieb sie an Max Brod: »Ich glaube kaum, dass ich über Franz jetzt sprechen könnte …«

Quellen: Brief an Milena Jesenská, 20. Juli 1920, in: Franz Kafka, Briefe 1918–1920, hrsg. von Hans-Gerd Koch, Frankfurt am Main (S. Fischer) 2013, S. 240. – Alena Wagnerová (Hrsg.), »Ich hätte zu antworten tage- und nächtelang«. Die Briefe von Milena, Mannheim 1996, S. 51.