Chronik

1883  

Am 3. Juli wird Franz Kafka in Prag geboren. Er ist das erste Kind von Hermann Kafka (1852-1931) und seiner Frau Julie, geb. Löwy (1856-1934). Die jüdischen Eltern führen ein Geschäft mit Galanteriewaren (Accessoires, feine Wäsche etc.). In der Familie wird deutsch gesprochen, mit Bediensteten aber zumeist tschechisch.

1885-1888  

Geburt zweier Brüder, die schon als Kleinkinder sterben.

1889-1892  

Geburt der Schwestern Gabriele (Elli), Valerie (Valli) und Ottilie (Ottla).

1889-1893  

Besuch der Deutschen Volks- und Bürgerschule.

1893-1901  

Besuch des Altstädter Deutschen Gymnasiums im Kinsky-Palais. Abitur.

1901  

Beginn des Jura-Studiums an der Prager Deutschen Universität. In den folgenden Semestern hört Kafka auch Vorlesungen in Kunstgeschichte, Philosophie und Germanistik.

1902  

Oktober: Erste Begegnung mit Max Brod, der ebenfalls Jura studiert. Beginn der lebenslangen Freundschaft.

1904  

Beginn der Arbeit an der 1. Fassung von Beschreibung eines Kampfes. Erste Begegnung mit Oskar Baum

1906  

Juni: Promotion. Oktober: Beginn des einjährigen Rechtspraktikums am Landes- und am Strafgericht.

1907  

Beginn der Arbeit an der 1. Fassung von Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande. August: Ferien bei dem Landarzt Siegfried Löwy in Triesch (Mähren), einem Bruder von Julie Kafka. Begegnung mit Hedwig Weiler. Oktober: Anstellung als Hilfskraft bei der Versicherungsgesellschaft ›Assicurazioni Generali‹.

1908  

März: Erste Veröffentlichung: kleine Prosastücke unter dem Titel Betrachtung in der Zeitschrift Hyperion. 30. Juli: Eintritt in die halbstaatliche ›Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt für das Königreich Böhmen in Prag‹.

1909  

Beginn der erhaltenen Tagebucheintragungen. Erste Begegnung mit Franz Werfel. September: Reise mit Max Brod und dessen Bruder Otto nach Norditalien. Ausflug zu einem Flugmeeting, das Kafka in seinem Text Die Aeroplane in Brescia beschreibt. Herbst: Arbeit an der 2. Fassung von Beschreibung eines Kampfes.

1910  

Oktober: Reise mit Otto und Max Brod nach Paris.

1911  

August/September: Reise mit Max Brod in die Schweiz, nach Norditalien und Paris. Danach im Sanatorium Erlenbach bei Zürich. Oktober: Bekanntschaft mit einer ostjüdischen Theatertruppe, die Kafka stark beeindruckt. Besuch zahlreicher Vorstellungen in jiddischer Sprache. Freundschaft mit dem Schauspieler Jizchak Löwy. Kafka wird Teilhaber der ›Ersten Prager Asbest-Fabrik‹, die von seinem Schwager Karl Hermann geleitet wird.

1912  

Arbeit an der 1. Fassung des Romans Der Verschollene, die Kafka später vernichtet. Juni/Juli: Reise mit Max Brod nach Leipzig und Weimar. Begegnung mit den Verlegern Kurt Wolff und Ernst Rowohlt, die Kafka zur Einsendung eines Manuskripts auffordern. Aufenthalt im Naturheilsanatorium ›Jungborn‹ bei Stapelburg im Harz. August: Erste Begegnung mit Felice Bauer in der Wohnung der Familie Brod. September: Beginn des intensiven Briefwechsels mit Felice Bauer. Das Urteil entsteht. Tägliche Arbeit an der 2. Fassung von Der Verschollene. Dezember: Die Verwandlung entsteht. Der Verleger Kurt Wolff veröffentlicht die Kurzprosa Betrachtung als Kafkas erstes Buch.

1913  

Januar: Abbruch der Arbeit an Der Verschollene. März: In Berlin erstes Wiedersehen mit Felice Bauer. Mai: Der Heizer (das 1. Kapitel von Der Verschollene) erscheint im Kurt Wolff Verlag. Juni: Das Urteil erscheint im Jahrbuch Arkadia (hrsg. von Max Brod). Beginn der Freundschaft mit dem Schriftsteller Ernst Weiß. September/Oktober: Reise allein nach Wien, Venedig, Gardasee. Sanatorium Dr. von Hartungen in Riva. Oktober: Erste Zusammenkunft mit Grete Bloch, die zwischen Kafka und Felice Bauer vermitteln will. Beginn eines intensiven Briefwechsels mit ihr.

1914  

1. Juni: Verlobung mit Felice Bauer. 12. Juli: Bei einer von Kafka als »Gerichtshof« empfundenen Auseinandersetzung in Berlin wird die Verlobung aufgelöst. Reise über Lübeck nach Marielyst (Dänemark). 28. Juli: Österreich-Ungarn erklärt Serbien den Krieg (Beginn des Ersten Weltkriegs). August: Beginn der Arbeit am Roman Der Process. Oktober: In der Strafkolonie entsteht. Dezember: Das Fragment Der Dorfschullehrer entsteht.

1915  

Januar: Kafka gibt die Arbeit an Der Process auf. Erneute Annäherung an Felice Bauer. April: Reise nach Ungarn. Juni: Kafka wird militärisch gemustert und für tauglich befunden, jedoch auf Antrag der Versicherungsanstalt vom Militärdienst freigestellt. Juli: In einem Sanatorium in Rumburg (Rumburk) in Nordböhmen. Oktober: Die Verwandlung erscheint bei Kurt Wolff. Carl Sternheim gibt die Preissumme des ihm verliehenen Fontane-Preises an Kafka weiter.

1916  

Juni: Kafka wird aus beruflichen Gründen erneut vom Militärdienst freigestellt. Juli: In Marienbad erster und einziger gemeinsamer Urlaub mit Felice Bauer. Neuerlicher Entschluss zur Heirat. November: Kafka liest in München In der Strafkolonie (einzige Lesung außerhalb Prags). Er beginnt, ein Häuschen in der Alchimistengasse auf dem Hradschin zum Schreiben zu nutzen. Im folgenden Winter entstehen dort zahlreiche kürzere Erzählungen und Fragmente, darunter Ein LandarztSchakale und AraberBeim Bau der chinesischen Mauer und Auf der Galerie.

1917  

April: Ein Bericht für die Akademie entsteht. Sommer: Kafka beginnt, Hebräisch zu lernen. 10. August: Lungenblutsturz. September: Kafka bittet wegen der diagnostizierten Tuberkulose um Pensionierung, was jedoch abgelehnt wird. Er übersiedelt zu seiner Schwester Ottla, die im nordwestböhmischen Zürau (Siřem) einen kleinen Hof bewirtschaftet. Oktober: Kafka beginnt, aphorismenartige Texte zu schreiben. Ende Dezember: Endgültige Trennung von Felice Bauer.

1918  

Mai: Ende der Beurlaubung. Oktober: Sturz der österreichisch-ungarischen Monarchie. Proklamation der Tschechoslowakei als Republik. Die Amtssprache in Prag, auch in Kafkas Versicherungsanstalt, ist fortan Tschechisch. Kafka erkrankt an der Spanischen Grippe. Ende November: Kafka fährt nach Schelesen (Želizy) nördlich von Prag, wo er (mit Unterbrechung) bis März in einer Pension lebt.

1919  

Ende Januar: In Schelesen Begegnung mit der Prager Angestellten Julie Wohryzek. Sommer: Verlobung mit Julie Wohryzek, gegen den Widerstand der Eltern. Oktober: In der Strafkolonie erscheint bei Kurt Wolff. Die geplante Heirat mit Julie Wohryzek wird abgesagt, weil das Paar keine Wohnung findet. November: In Schelesen schreibt Kafka den umfangreichen Brief an den Vater, der jedoch nie zu seinem Adressaten gelangt.

1920  

März: Ernennung zum Anstaltssekretär. April: Kafka fährt für drei Monate zur Kur nach Meran. Beginn des intensiven Briefwechsels mit Milena Jesenská. Mai: Bei Kurt Wolff erscheint Ein Landarzt. Kleine Erzählungen. Juli: Kafka verbringt in Wien einige Tage mit Milena Jesenská. Nach seiner Rückkehr nach Prag löst er die Verlobung mit Julie Wohryzek auf. Die Einladung Kafkas, mit ihm in Prag zusammen zu leben, lehnt Jesenská jedoch ab, da sie sich noch an ihren Ehemann Ernst Polak gebunden fühlt. Dezember: Beginn eines achtmonatigen Kuraufenthalts in Matliary in der Hohen Tatra.

1921  

Februar: Beginn der Freundschaft mit dem Medizinstudenten Robert Klopstock. August: Kafka tritt zum letztenmal seinen Bürodienst an; nach acht Wochen wird er erneut krankgeschrieben.

1922  

27. Januar: Beginn der Arbeit an dem Roman Das Schloss im Kurort Spindelmühle (Špindlerův Mlýn) im Riesengebirge, wo Kafka für drei Wochen bleibt. Frühjahr: Ein Hungerkünstler entsteht. Juni: Forschungen eines Hundes entsteht. Kafka fährt für etwa drei Monate nach Planá in Südböhmen. 1. Juli: »Vorübergehende« Pensionierung. August: Abbruch der Arbeit an Das Schloss.

1923  

Juni: Letzte erhaltene Tagebucheintragung. Juli: Kafka fährt für etwa vier Wochen nach Müritz an der Ostsee, wo er Dora Diamant kennenlernt. August: Für vier Wochen nach Schelesen. September: Kafka übersiedelt nach Berlin-Steglitz. Wechselnde gemeinsame Wohnungen mit Dora Diamant. Sie leiden unter der Hyperinflation. November/Dezember: Eine kleine Frau und Der Bau entstehen. Kafkas Gesundheitszustand verschlechtert sich rasch.

1924  

März: Rückkehr nach Prag. Josefine, die Sängerin entsteht. April: Kafka reist in das Sanatorium ›Wiener Wald‹ in Ortmann, Niederösterreich. Diagnose der Kehlkopftuberkulose. Überführung in die Universitätsklinik Wien, dann in das kleine Sanatorium Dr. Hugo Hoffmann in Kierling bei Klosterneuburg. Dora Diamant und Robert Klopstock pflegen Kafka, der ständig an Gewicht verliert und kaum mehr schlucken oder sprechen kann. Mai: Kafka verständigt sich mit Hilfe von Zetteln. 2. Juni: Kafkas letzter Brief, an die Eltern gerichtet. 3. Juni: Kafka stirbt gegen Mittag. 11. Juni: Bestattung auf dem jüdischen Friedhof in Prag-Straschnitz.