Milena Jesenská

Milena 1917
© Jaroslava Vondráčková

Milena Jesenská wurde am 10. August 1896 in Prag geboren. Ihr Vater, Dr. Jan Jesenský (1870–1947), war Professor für Zahnmedizin an der Karlsuniversität, ihre Mutter Milena Jesenská, geb. Hejzlarovà, starb bereits 1913.

Von 1907 bis 1915 besuchte Milena das tschechische Mädchengymnasium ›Minerva‹, danach studierte sie vier Semester Medizin. Sie führte ein sehr selbständiges Bohème-Leben und war in der Prager Kaffeehausszene eine bekannte Erscheinung.

Etwa 1916 lernte sie den Prager Literaten Ernst Polak kennen; ihr Vater versuchte diese Beziehung mit allen Mitteln zu unterbinden, ließ sie 1917 sogar in eine psychiatrische Anstalt einweisen. Dennoch heiratete sie Polak 1918 und übersiedelte mit ihm nach Wien. Die Ehe war jedoch unglücklich und von ständiger Geldnot überschattet.

Ende 1919 begann Milena Jesenskà, Artikel und Feuilletons für tschechische Zeitungen zu schreiben, was ihr sehr bald einen Ruf als exzellente Journalistin einbrachte. Die kurze, aber intensive Beziehung zu Kafka, die 1920 durch Briefe angebahnt wurde, erwies sich als nicht tragfähig; Milena war noch nicht bereit, sich von Polak zu trennen, Kafka wiederum schreckte vor Milenas leidenschaftlichem, fordernden Charakter zurück. In der Folge übersetzte sie einige seiner Erzählungen ins Tschechische.

1926 kehrte Milena nach Prag zurück, wo sie ihren zweiten Mann kennenlernte, den Architekten Jaromír Krejcar. Ihr gemeinsames Kind, die Tochter Honza, wurde 1928 geboren. In den folgenden Jahren litt Milena als Folge einer verfehlten Medikation unter Morphiumsucht. Bis 1936 war sie eng mit der kommunistischen Partei verbunden, für die sie auch publizistisch tätig wurde; danach wurde sie Redakteurin der Zeitschrift Přítomnost, in der sie zahlreiche politische Reportagen publizierte. Nach der Besetzung der Tschechoslowakei durch das Nazi-Regime betätigte sich Milena als Fluchthelferin; im November 1939 wurde sie von der Gestapo festgenommen. 1940 wurde sie in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. Dort starb sie am 17. Mai 1944 an den Folgen einer Nierenoperation. Sie wurde 48 Jahre alt.

Nachdem man Milena Jesenská jahrzehntelang nur noch als Empfängerin der Briefe an Milena kannte, ist ihr Leben und ihre bedeutende journalistische Arbeit inzwischen gut dokumentiert. In deutscher Sprache sind erschienen:

Jana Cerná, Milena Jesenská. Eine Biographie, Frankfurt am Main 1985 (Verlag Neue Kritik).
Milena Jesenská, Prager Hinterhöfe im Frühling. Feuilletons und Reportagen 1919-1939, hrsg. von Alena Wagnerová, Göttingen 2020 (Wallstein).
Milena Jesenská, »Ich hätte zu antworten tage- und nächtelang«. Die Briefe von Milena, hrsg. von Alena Wagnerová, Mannheim 1996 (Bollmann).
Marie Jirásková, Kurzer Bericht über drei Entscheidungen. Die Gestapo-Akte Milena Jesenská, Frankfurt am Main 1996 (Verlag Neue Kritik).
Alois Prinz, »Sie ist ein lebendiges Feuer«. Das Leben der Milena Jesenská, Weinheim 2016 (Beltz & Gelberg).
Margret Steenfatt, Milena Jesenská. Biographie einer Befreiung, Hamburg 2002 (Europäische Verlagsanstalt)
Alena Wagnerová, Milena Jesenská. »Alle meine Artikel sind Liebesbriefe«. Biographie, Mannheim 1994 (Bollmann).